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Die “Filter Bubble” (Eli Pariser)

Die Filter Bubble – ein Ort der begrenzten Kommunikation. Innerhalb einer Filter Bubble, alternativ wird diese auch als Echo Chamber bezeichnet, bewegt man sich in einem repetitiven virtuellen Raum, in dem die Versorgung mit Informationen und dementsprechend auch die Kommunikation stark beschränkt wird. Die Personalisierung von Suchergebnissen in einer solchen Filter Bubble sorgt dafür, dass wir Informationen nicht nur begrenzt erhalten, sondern dass sie sich ebenso abgrenzen von Informationen, die beispielsweise unser Nachbar bei exakt der gleichen Suche erhalten würde. Der Theorie nach bewegt sich also jeder von uns in seiner eigenen Informationsblase durch das Internet.

Eli Pariser, author of The Filter Bubble
Eli Pariser, author of The Filter Bubble, (c) Knight Foundation, via Wikimedia Commons. CC BY-SA 2.0

In seinem Buch „Filter Bubble: Wie wir im Internet entmündigt werden“ (bzw. im Original „The Filter Bubble: What the Internet is Hiding from You“) beschreibt Eli Pariser – wie er es selbst zum Ende des Buches hin zusammenfasst – „wie der Aufstieg umfassender eingebetteter Filter unsere Interneterfahrung und letztendlich auch die Welt verändert.“1 Eines der größten Probleme sieht er dabei in dem Mangel an Wissen über die stattfindende Personalisierung sowie der fehlenden Transparenz der entsprechenden Verfahren und Algorithmen; mit dieser Publikation wollte er vor allem über die aktuelle Situation aufklären.

Eli Pariser erklärt Entstehung, Bedeutung und Problematiken der Filter Bubble, indem auch er aus seiner Filterblase ausbricht und sich dabei der unterschiedlichsten Wissenschaftsdisziplinen bedient; nachdem er bestimmte Verfahren, Ideen und Anekdoten aus der Psychologie, Philosophie, Mediengeschichte, Rechtswissenschaft, Politik und Wirtschaft aufgreift, kommt er jedoch immer wieder auf die Filter Bubble zurück und bettet diese somit Stück für Stück in einen größeren Kontext ein. Der Autor geht den Wurzeln der Personalisierung auf den Grund und forscht dabei tief in der Vergangenheit der ganz großen Unternehmen – er deckt auf, was Google, Facebook und Co. zu ihrem Erfolg verholfen hat und schenkt dabei der Geschichte der Informationsfilterung besondere Beachtung.

Mit einem Einblick in die Mediengeschichte und -theorie hilft er beispielsweise dem Leser zu verstehen, wieso die ehemals starke, von Zeitungsmonopolen ausgehende Macht statt einer demokratischen Verteilung im Netz möglicherweise lediglich eine Verschiebung auf neue Internet-Monopole erfährt. Kritisch daran ist insbesondere, dass nicht nur eine reine Machtverschiebung stattfindet, sondern dass sich damit gleichzeitig auch unsere Rolle immer mehr vom Bürger weg und hin zum reinen Konsumenten wandelt.2 Konsumenten wiederum sollen in erster Linie nicht mit den für sie wichtigen Informationen versorgt, sondern zufriedengestellt und an das jeweilige Unternehmen gebunden werden. Und auch darin liegt ein tiefgreifendes Problem, denn als Menschen handeln wir nicht immer rational und richtig, sondern häufig intuitiv. Mein ehemaliger Psychologie-Lehrer pflegte immer zu sagen: „Wir Menschen sind kognitive Geizhälse“3. Das bedeutet, dass aus unserer Sicht (wenn auch häufig unterbewusst) „Informationen […] reduziert werden [müssen].“4 In der Informationsflut beziehen wir uns also gerne auf einfache, leicht zu konsumierende Informationen, auch wenn diese nicht immer am relevantesten für uns sind. Hier bezieht sich Eli Pariser unter anderem auf die Soziologin danah boyd, die davor warnt, dass wir „das psychologische Äquivalent zur Fettleibigkeit“ entwickeln könnten: „Wir konsumieren Inhalte, die für uns selbst und die Gesellschaft als Ganzes höchst unvorteilhaft sind.“5 Auch Pariser stellt fest: „Mit der Information ist es wie beim Essen: Wir sind, was wir konsumieren.“6

Der Autor wirft letztlich jedoch nicht nur Kritik und Fragestellungen auf, er gibt auch einige Lösungsansätze an, wie der Einzelne, aber auch Unternehmen und Regierungen handeln können. Und auch wenn die Veröffentlichung von „Filter Bubble: Wie wir im Internet entmündigt werden“ nun schon einige Jahre her ist und sich in dieser besonders schnelllebigen Branche vieles geändert hat – das Thema ist aktuell wie nie zuvor. Pariser endet sein Buch mit der Hoffnung in uns, die Menschen, selbst:

„Wir sind Hunderte Millionen aus sämtlichen Bevölkerungsteilen, generationenübergreifend, mit unterschiedlichsten politischen, ethnischen und sozioökonomischen Hintergründen, die einen persönlichen Anteil an der Entwicklung haben.“7

Die verschiedenen Menschen und Gruppen, die im Internet zusammenkommen, sind besonders heterogen; wieso sollten wir das also nicht als Grundlage im Kampf für die Demokratie und Vielseitigkeit und gegen eine zu einseitige Personalisierung im Cyberspace nutzen?


Literatur

1. Pariser, Eli (2012) Filter Bubble: Wie wir im Internet entmündigt werden. München: Hanser, 228. 

2. Vgl. ebd., 26. 

3. Anmerkung [20.02.2018]: Er bezog sich dabei auf Susan Fiske und Shelley Taylor, welche den Begriff des “cognitive miser” bereits 1984 das erste Mal verwendeten. 

4. Taleb, Nassim Nicholas (2008) Der Schwarze Schwan: Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse. München: Hanser, 89. Zitiert nach: Pariser, Eli (2012) Filter Bubble: Wie wir im Internet entmündigt werden. München: Hanser, 92.

5. boyd, danah (2009) “Streams of Content, Limited Attention: The Flow of Information through Social Media.” Web2.0 Expo. New York, NY: November 17. Abgerufen am 21.12.2017, http://www.danah.org/papers/talks/Web2Expo.html. Zitiert nach: Pariser, Eli (2012) Filter Bubble: Wie wir im Internet entmündigt werden. München: Hanser, 22. 

6. Pariser, Eli (2012) Filter Bubble: Wie wir im Internet entmündigt werden. München: Hanser, 133. 

7. Vgl. ebd., 253.

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